Wahlprüfsteine des ASTA
Frage 1: Erschwingliche Wohnungen sind Mangelware im Rhein-Main-Gebiet. Wie wollen Sie sich für bezahlbaren Wohnraum, insbesondere für Studierende, in ausreichendem Maße einsetzen?
Als WsR unterstützen wir von Beginn an den Bau von Wohnungen für Studierende. Seit vier Jahren kämpfen wir darum, gemeinsam mit einem privaten Investor in der Thüringer Straße ein Wohnheim für Studierende in Kombination mit einer freien Kindertagesstätte zu errichten. Es sind dicke Bretter, die hier jeweils gegen den Widerstand der Stadt gebohrt werden müssen, die oft absurde Hürden für solche Baumaßnahmen festlegt.
Frage 2: Gibt es Überlegungen zur Stärkung der Nahmobilität im Kontext des Leitbildes einer lebenswerten und klimaneutralen Stadt? Wie wollen Sie die Optimierung der städtischen Verkehrsinfrastruktur (Versorgung mit Buslinien, Erhöhen der Frequenzen, größere Fahrzeuge) im Schulverkehr, in der Anbindung zum Campus der Hochschule, aber auch im Freizeitbereich fördern?
Der ÖPNV ist in Rüsselsheim seit 30 Jahren stiefmütterlich behandelt worden. Seit fünf Jahren warten wir auf die Überarbeitung der Nahverkehrsplanung. Der Ausbau des ÖPNV und die Preisstabilität für die Kunden*innen ist für uns zentraler Baustein der Verkehrswende im Ballungsraum und des Klimaschutzes. Wir haben in der vergangenen Wahlperiode verschiedene Initiativen zur Stärkung des kommunale Busverkehrs gestartet, die bis auf die Schaffung einer Busverbindung zwischen Bauschheim und Ginsheim größtenteils in den Schubladen von Rot-Rot-Grün gelandet sind. Darunter u.a. die Schaffung einer zusätzlichen Ringlinie, um Direktverbindungen im Stadtgebiet zu ermöglichen, die Beteiligung der Stadt am Pilotprojekt des Kreises für Brennstoffzellen-Busse und die Beteiligung der Stadt am Projekt des Mainzer Oberbürgermeisters zur Schaffung eines 365,- Euro Tickets im Rhein-Main Gebiet.
Frage 3: Wie stehen Sie zum Ausbau des Fahrradwegenetzes in Rüsselsheim und wie wollen Sie diesen fördern und vorantreiben?
Man muss festhalten, dass wir im Vergleich mit vielen anderen Städten schon ein relativ gutes Radwegenetz haben. Die jetzt neu vorgelegte Radwegeplanung benennt Brennpunkte, die es zu entschärfen gilt, und wir werden darauf achten, dass dies möglichst zügig geschieht. Grundsätzlich stehen wir als WsR für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Verkehrsträger. Aus diesem Grund werden wir uns nach der Wahl für die Erarbeitung eines integrierten Mobilitätskonzeptes einsetzen.
Frage 4: Junge Menschen, die sich im öffentlichen Raum aufhalten, wünschen sich freies W-Lan an verschiedenen Plätzen und Treffpunkten. Wie wollen Sie dieses ausbauen und in größerem Maß zur Verfügung stellen?
Kostenfreies W-Lan ist jetzt kein Menschenrecht. Wir können uns aber vorstellen, im Rahmen des Stadtmarketings einige Orte zusammen mit privaten Anbietern oder Vereinen, wie Freifunk e.V., mit einem solchen Angebot auszustatten, um dort die Attraktivität zu erhöhen.
Frage 5: Viele Freizeitsportplätze zum Fußball- und Basketballspielen sind in einem schlechten Zustand. Einige wurden im Zuge der Anträge der letzten Jugendforen verbessert, andere sind immer noch in schlechtem Zustand. Wie stehen sie zur Pflege, dem Erhalt und auch der Neueinrichtung von Bolz- und Freizeitsportplätzen in Rüsselsheim?
Wie in vielen Bereichen hat Rüsselsheim auch bei den Sportanlagen einen erheblichen Sanierungsstau, den es konsequent abzuarbeiten gilt. Leider war Rot-Rot-Grün nicht in der Lage, hierfür in den letzten 5 Jahren eine ordentliche Planung vorzulegen.
Unsere Priorität liegt zunächst einmal darauf, dass Grün- und Freizeitflächen, insbesondere auch Spielplätze, nicht weiteren Nachverdichtungen zum Opfer fallen. Wir werden außerdem daran arbeiten, Bolz- und Freizeitsportplätze im Bereich des Mainvorlandes, entlang der Horlachbecken und im Ostpark naturnah zu erweitern. Den Bau von weiteren Kunstrasenplätzen sehen wir kritisch.
Frage 6: Viele Jugendliche haben zu Hause wenig Platz, Ruhe und Ressourcen, um für die Schule zu lernen. Sie weichen daher oft auf den Hochschulcampus aus. Wie stehen Sie zum Ausbau von Schulbibliotheken und zur Schaffung von betreuten Lernräumen in den Schulgebäuden, so dass Schüler*innen dort lernen und Hausaufgaben/Referate machen können?
Wenn das Land beim Ausbau der Ganztagsschulen endlich vorankäme, würde sich diese Frage gar nicht stellen. Solange dies nicht der Fall ist, müssen wir uns mit diesem Problem stärker als bisher auseinandersetzen. Wir haben gesehen, dass gerade in der Corona-Krise auch die Stadtbücherei einen überraschenden Zulauf von Kindern und Jugendlichen hatte, die offensichtlich auf der Suche nach Lernräumen waren. Neben dem Ausbau der Schulen zu echten Stadtteilschulen mit dem von Ihnen angesprochenen Angebot werden wir auch die Thematik der Stadteilbüchereien in Königstädten und Bauschheim neu aufrollen, um auch dort auch mehr Lernräume zu schaffen.
Frage 7: Viele junge Menschen in Rüsselsheim haben das Gefühl, vor Ort wenige Freizeitaktivitäten wie Kinos und Clubs/Nachtleben oder ähnliches vorzufinden. Wie wollen Sie die Freizeitangebote für junge Menschen fördern und für weitere Angebote sorgen bzw. private Investoren dabei unterstützen, dies in Rüsselsheim zu etablieren?
Ja, dieses „Gefühl“ haben wir als ältere Menschen auch. Es ist offensichtlich so, dass es kein Kino und wenig „Clubs/Nachtleben“ vor Ort gibt. Wir hoffen, dass sich dies durch die Entwicklung der Motorworld im Altwerk deutlich ändern wird und hier ein Anziehungspunkt entsteht, der mit den Angeboten in den umliegenden Großstädten konkurrieren kann.
Frage 8: Für viele Studierende der Hochschule ist Rüsselsheim nur ein Durchgangsort. Wie wollen Sie die Studierenden mehr inkludieren? Wie möchten Sie eine studentische Kultur in Rüsselsheim fördern?
Wer als Studierender nach Rüsselsheim zieht, studiert im Rhein-Main-Gebiet. D. h. er hat in den benachbarten Großstädten vielfältige Möglichkeiten, am studentischen Leben und der studentischen Kultur teilzuhaben. Diesem Wettbewerb war Rüsselsheim in den vergangenen Jahrzehnten nicht gewachsen. Es gibt die berechtigte Hoffnung, dass jetzt durch die Motorworld im Altwerk ein kulturelles Zentrum in Bahnhofsnähe entsteht, das in diesem Wettbewerb bestehen kann und auch eine regionale Anziehungskraft entwickelt.
Um Studierende an Rüsselsheim zu binden, bräuchten wir „spannende“ und kostengünstige Wohnorte und -formen. Wir sind sicher, dass sich diese im Umfeld des Altwerkes in Zukunft realisieren lassen. Sowohl im Bereich der Phase II westlich vom Altwerk als auch perspektivisch im Bereich der jetzigen Innenstadt.
Für uns als WsR stehen dabei zwei Arbeitsfelder im Vordergrund: Wie schaffen wir es, dass junge Rüsselsheimer*innen, die hier Abitur gemacht haben und sich entscheiden, im Rhein-Main-Gebiet zu studieren, in Rüsselsheim wohnen bleiben und nicht nach Mainz oder Frankfurt ziehen? Und wie schaffen wir es, in ökonomischer Hinsicht stärker als bisher von der Hochschule zu profitieren? Rüsselsheim muss jungen Gründern*innen ein besseres Angebot als bisher machen. Wir können uns hier ein eigenes Gründerzentrum vorstellen. Aber auch Räume für Co-Working und generell mehr Möglichkeiten für Studierende, sich in unternehmerischer Sicht selbst auszuprobieren. Das ist ein sehr komplexes Thema, das uns seit langem beschäftigt und bei dem man sich auch Ansätze anderer Städte anschauen muss. Für uns ist aber klar, dass Begrüßungsgeld und Zweitwohnungssteuer aus Rüsselsheim noch lange keine Studentenstadt machen.
Frage 9: Studierende haben immer noch enorme Schwierigkeiten, einfache, bezahlbare und hochschulnahe Übernachtungsplätze (z.B. Turnhallen, Jugendherbergen, Schulen etc.) für studentische Veranstaltungen und Tagungen, z.B. zum überregionalen und internationalen Austausch zu bekommen. Wie wollen Sie dies verbessern?
Der Bau einer Jugendherberge in Rüsselsheim ist seit Jahrzehnten überfällig. Unser Vereinsvorsitzender Joachim Walczuch bemüht sich hier seit Jahren, das Deutsche Jugendherbergswerkes (DJH) und Eigentümer von möglichen Grundstücken an einen Tisch zu bringen, zuletzt ebenfalls beim Altwerk. Dies würde sich unserer Ansicht nach als Standort aufgrund der Nähe zur Bahn sehr gut eignen.
Frage 10: Die Stadt Rüsselsheim hat den Klimanotstand ausgerufen, unter anderem auch auf Initiative von Schüler*innen des Stadtschülerrats und der Fridays-for-Future Bewegung. Sie wünschten sich damals auch Veränderungen an Schulen und öffentlichen Gebäuden zur Optimierung von Stromnutzung, um das Ziel Klimafreundlichkeit zu erreichen. Wie stehen Sie dazu? Welche Maßnahmen sollen ergriffen werden, um die öffentlichen Gebäude der Stadt klimaneutral zu gestalten?
Die Stadt Rüsselsheim baut schon jetzt in einem sehr guten Standard, was Energieeffizienz und Wärmeverbrauch angeht. Je weiter die Sanierungen der einzelnen Standorte voranschreiten, desto mehr verbessert sich auch unsere Klimabilanz. Zusätzlich bezieht die Stadt ausschließlich Ökostrom und wir streben an, geeignete Dächer mit Photovoltaikanlagen und Kleinst- und Mikrowindkraftanlagen auszustatten. Dach- und Wandbegrünungen zur Verbesserung des Mikroklimas müssen in Anbetracht der zunehmenden Hitzewellen im Sommer sehr wahrscheinlich Standard werden.
Frage 11: Wie bewerten Sie das geplante Neubaugebiet auf der sogenannten Eselswiese aus sozialer und ökologischer Sicht?
Aus ökologischer Sicht ist die Versiegelung von 60 ha bester Ackerfläche nicht zu rechtfertigen. Dennoch ist Politik immer eine Abwägung zwischen verschiedenen Übeln, und hier hat für uns einfach die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Rhein-Main-Gebiet Vorrang gehabt. Wir haben uns intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und deshalb in unserem Wahlprogramm festgelegt, dass es mit uns nach der Eselswiese keine weitere Flächenversiegelung in der Rüsselsheimer Gemarkung geben wird. Wir wollen gerade die Fläche bis zu den Grenzen von Nauheim, Trebur, Ginsheim und Astheim besonders schützen und erhalten. Für die jetzt entstehenden Gebäude auf der Eselswiese werden wir hohe ökologische Standards anlegen.
Frage 12: Welche Maßnahmen wollen Sie gegen das Waldsterben in und um Rüsselsheim, wie beispielsweise im Ostpark unternehmen?
Das durch den Klimawandel verursachte Waldsterben ist ein komplexes Problem, das derzeit Gegenstand vieler Forschungen ist und für das es noch keinen Königsweg gibt. Einige Baumarten, die man noch vor einigen Jahren als klimasicher einstufte und nachpflanzte, konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Wir gehen davon aus, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis sich ein neuer, beständiger „Pflanzenmix“ herauskristallisiert hat. Für uns steht derzeit im Vordergrund, die jetzigen Grünflächen zu erhalten und ihren Bestand in oftmals begehrten Lagen auch während der Wiederaufforstungsphase vor anderen Begehrlichkeiten (wie Kita- oder Wohnungsbau) zu verteidigen.
Für den Ostpark als Grüne Lunge unserer Stadt wollen wir ein Parkpflegekonzept erstellen und dann konsequent umsetzen. Wir wollen, dass dort die Aufenthaltsqualität trotz des Waldsterbens und bis zum Greifen der Wiederaufforstungsmaßnahmen deutlich steigt.