Wahlprüfsteine Main-Spitze
Die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren auch in der Stadtkasse. Was sieht die Strategie Ihrer Partei bei den Kommunalfinanzen aus: Welche Investitionen halten Sie für unabdingbar und wie wollen Sie konsolidieren?
Grundsätzlich verengt sich jede Haushaltsdiskussion in Rüsselsheim darauf, welche Leistungen gestrichen werden sollen. Diese Denkweise ist absurd. Es geht nicht darum, Leistungen oder Angebote zu streichen, sondern sie so anzubieten, dass wir sie uns leisten können. Wir wollen, dass alle Kinder einen Betreuungsplatz haben und in guten Schulen eine gute Ausbildung erhalten, aber eben auch so, dass wir es für alle Kinder und alle Standorte auch in Zukunft bezahlen können. Zu glauben, man werde später schon weitere Kredite bekommen, wenn man jetzt erstmal das ganze Geld für zwei Schulen ausgegeben hat, ist verantwortungslos. Investieren werden wir in die Menschen, die sich in Vereinen, in sozialen und kulturellen Initiativen für unser Gemeinwesen einsetzen.
Wie wollen Sie die Stadt wirtschaftlich weiterentwickeln? Welche Schwerpunkte wollen Sie bei der Wirtschaftsförderung setzen?
Bisher hat die Politik den Verlust von Arbeitsplätzen gerade bei Opel fast klaglos hingenommen und setzt darauf, Rüsselsheim als mehr oder weniger „attraktive“ Schlafstadt im Rhein-Main-Gebiet zu positionieren. Als WsR werden wir die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen hier vor Ort zum Schwerpunkt machen. Die Konversion der Opel Werksflächen bietet hierfür beste Voraussetzungen. Wir müssen Rüsselsheim wieder zur Stadt der Wertschöpfung machen, in der Mittelstand und Handwerk ihre wichtige Funktion als Jobmotor auch erfüllen können. Wenn dann Unternehmen aus Forschung und Entwicklung dazu kommen, kann uns das nur recht sein. Wir haben aber auch viele Menschen in unserer Stadt, die am Flughafen arbeiten und jetzt akut vom Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht sind. Auch für diese Menschen müssen wir Alternativen hier vor Ort schaffen.
Der Wohnungsmarkt ist in Rüsselsheim wie auch in der gesamten Region angespannt. Wo wollen Sie beim Thema Wohnen Schwerpunkte setzen?
Die Situation in der Region ist in der Tat angespannt, aber Rüsselsheim tut bereits viel. Wir können aber auch nicht die Probleme des ganzen Rhein-Main-Gebietes lösen. Es gibt keinen Grund die steigenden Einwohnerzahlen als Erfolg zu verkaufen, solange unklar ist, wie unter diesem Zuzugsdruck ein gutes Angebot an sozialer und kultureller Infrastruktur finanziert und die Stadt für alle hier lebenden Menschen lebenswert und wieder attraktiv gemacht werden kann. Wir sehen schon jetzt, dass gerade die Nachverdichtung in den Wohngebieten die Wohn- und Aufenthaltsqualität dort massiv senkt. Wir müssen uns dringend in der Stadtgesellschaft darüber unterhalten, wie viele Bürgerinnen und Bürger Rüsselsheim einmal haben soll. Raunheim hat dies schon vor Jahren getan und es war ein wichtiger Baustein, um dort eine Wende zum Besseren zu erreichen.
Seit Jahren wird über den neuen Standort für den Städteservice-Betriebshof diskutiert. Unterstützen Sie die Verlagerung auf das Gelände des Abwasserzweckverbandes oder bevorzugen Sie eine(n) Sanierung/Neubau am bisherigen Standort? Was soll mit dem Wertstoffhof passieren?
Die WsR ist seit Gründung der AöR ein Gegner dieses Konstrukts. Bereits 2015 unterstützten wir ein Bürgerbegehren gegen die Gründung. Nach der Kommunalwahl versuchten wir die Auflösung des Städteservice juristisch zu erreichen. Die Befürchtungen, die wir schon damals hatten, haben sich leider bewahrheitet: Die Stadt verdreckt zusehends und wir haben die Kontrolle über die Pflege der Grünanlagen verloren. Die Verlagerung des Betriebshofes an die Kläranlage lehnen wir ab, weil der dortige Neubau erheblich teurer ist und der Kläranlage zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten nimmt. Einen Mülltourismus nach Bischofsheim wird es mit uns nicht geben. Der Wertstoffhof an der Johann-Sebastian-Bach-Straße hat sich bewährt. Wir wollen gerade im Bereich Müll und Müllgebühren die Kontrolle für unsere Bürgerinnen und Bürger in der Stadt behalten und diese nicht an Kreis übertragen.
Statement des Spitzenkandidaten Joachim Walczuch:
„Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Wenn es uns nicht gelingt, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wiederherzustellen, können wir uns jede Maßnahme im Bereich Stadtmarketing oder Stadtentwicklung sparen. Wir müssen das Grundvertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat wiederherstellen. Wir sehen, dass diese Verunsicherung Rüsselsheimer mit und ohne Migrationshintergrund in gleichem Maß besorgt. Regeln müssen bei allen Bevölkerungsgruppen in allen Stadteilen konsequent durchgesetzt werden. Oft hat man den Eindruck, dass hier zu oft aus Bequemlichkeit einfach weggeschaut wird. Das muss ein Ende haben.“